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Feedback beginnt im eigenen Kopf!


| Roger Kihn, Partner |


Egal ob Mitarbeiterbefragung, Mitarbeiterjahresgespräch, 360-, 270- oder 180-Grad-Feedback – immer dann, wenn Mitarbeiter ihre Führungskräfte beurteilen, werden diese nervös. Gefürchtet sind vor allem die Konsequenzen der vorliegenden Berichte und Auswertungen. Spannend, was Aussagen von Mitarbeitern bzw. Auswertungen in Form von Zahlen, Grafiken und Schaubildern so alles an Aktivitäten auslösen, natürlich vor allem dann, wenn die Bewertungen und/oder Erwartungen der Mitarbeiter nicht der Vorstellung der Führungskraft entsprechen.

Als vor vier Jahren bei einem großen, weltweit agierenden Unternehmen das Mitarbeitergespräch um zwei Fragen erweitert wurde, hat dies bei einer großen Anzahl der etablierten Führungskräfte zu totaler Überforderung und Ablehnung geführt. Denn nun sollte nicht mehr nur die Führungskraft den Mitarbeiter bewerten, sondern der Mitarbeiter sollte nun ganz offiziell seine Wahrnehmung in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der Führungskraft (bezogen auf das letzte Jahr) schildern. Und das wurde dann auch noch in einem Bogen, den der eigene Vorgesetzte und die Personalabteilung lesen, dokumentiert. Die Rücklaufquote der Befragung lag im ersten Jahr für das gesamte Unternehmen gerade mal bei 25 Prozent. Und das, obwohl dieses Unternehmen in seinem offiziellen Führungsleitbild den Grundsatz stehen hat: „Gegenseitiges Feedback ist die Grundlage unseres Erfolges!“

Mittlerweile hat sich dies grundlegend geändert: Potenzielle Führungskräfte werden konsequent nach ihrer Feedbackfähigkeit ausgewählt, trainiert und begleitet. Bei den etablierten Führungskräften wurde in Workshops und Trainings zunächst ein neues Verständnis von Feedback geschaffen. Bezeichnenderweise kannten viele von ihnen nicht einmal den Unterschied zwischen Feedback und Kritik.

Die meisten Führungskräfte glaubten, dass Feedback und Kritik das Gleiche sind, und verbanden Kritik immer mit etwas Negativem, vor allem wenn die Kritik von den eigenen Mitarbeitern kam, denn dann griff sie die eigene Perfektion an. Die Hauptaufgabe bestand darin, das Denken über Feedback zu verändern, aus dem Automatismus Rechtfertigung bzw. Ablehnung auszubrechen und den eigenen Verhaltensspielraum zu erweitern. Alleine mit dem Gedanken „Das Feedback bringt mich weiter, weil ich erkennen kann, wo meine „Trainingseinheiten“ sind“, wurden diese Führungskräfte – wenn auch zaghaft – offener für die Sichtweisen ihrer Mitarbeiter.

Die Hauptaufgabe beginnt also im Kopf der Führungskraft und besteht darin, Feedback als Chance zu begreifen. Anstatt in die Verteidigungshaltung zu gehen, nutzen diese Führungskräfte zielgerichtete Fragen, um zu verstehen, was genau hinter der Wahrnehmung ihres Gegenübers steckt:

+ „Was genau empfehlen Sie mir?“

+ „Was würden Sie an meiner Stelle anders tun?“

Hilfreich ist bei diesem Lernprozess, dass es für die Führungskraft immer drei Möglichkeiten gibt, auf die Hinweise eines Mitarbeiters zu reagieren:

+ „Danke für den Hinweis, das kann ich gut nachvollziehen, ich werde darauf achten.“

+ „Danke für den Hinweis, ich werde darüber nachdenken, was ich davon übernehmen werde.“

+ „Danke für den Hinweis, mir ist Ihr Feedback wichtig. Nur dieser Bitte kann/werde ich nicht nachkommen. Ich wünsche mir, dass Sie dies nachvollziehen können.“

Mittlerweile hat sich der anfängliche Widerstand ins Gegenteil verkehrt: Es werden offene Dialoge mit viel wertschätzender Klarheit geführt und die Rücklaufquote der Feedbackbögen ist auf über 60 % gestiegen – Tendenz weiter steigend. Eine Feedbackkultur der Offenheit, Ehrlichkeit und Verbindlichkeit beginnt mit einem wohlwollenden Verständnis darüber. Nur dann entsteht auch die Bereitschaft dazu.


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